Der Trompeter

Es war abends gegen Neune, Momatre auf den Treppen der Sacre Cour. Da saßen so viele junge Menschen, man kam gar nicht durch, um nach unten zu gehen. Sie saßen gedrängt und waren ganz leise. Sie lauschten... Zwei jung Männer, wahrscheinlich Studenten, spielten auf ihren Gitarren ein Lied.So suchte ich mir auch ein Plätzchen auf dieser Treppe. Ein wunderschöner Augenblick. Paris zu den Füssen glänzte im Sonneuntergang, dazu der klang der Gitarren und im Rücken die Sacre Cour.
Die Leute klatschten, immer wenn die Gitarrenspieler ein Lied beendeten. Ein bundgemischter Haufen Menschen, ob jung oder alt. Mit meiner Kamera schoss ich einige Bilder. Und dann... durch den Sucher, da sah ich ihn... Ein junger Mann saß auf der Treppe, zwischen all diesen Menschen, der in seinen Händen eine Trompete hielt. Er saß ein ganzes Ende weit weg von mir. Ich beugte mich vor, um ihn zu fotografieren. Um ihn besser ins Bild zu bekommen wechselte ich das Objektiv. Dann neigte ich mich wieder vor, und ich glaub, diesmal bemerkte er meinen Blick. Er sah auf, sah mich an mit einem Lächeln. Ich lächelte zurück. Setzte mich wieder, immer noch im Gesicht dieses Lächeln.
Die Menschen applaudierten. Die Gitarrenspieler beendeten gerade ein Lied. Der junge Mann mit seiner Trompete stand auf und fing an zu spielen. Er spielte ein so wunderschönes Lied. Der helle, kräftige klang der Trompete schallte über den ganzen Platz. Die Menschen zu seinen Füßen sahen auf. Sein Lied klang, als riefe er die Abenddämmerung über die Stadt herbei. Nach seinem Spiel, wieder applaudierten die Menschen, setzte er sich und sah noch einmal zu mir.
Ich blieb noch eine Weile, um zu genießen, die Unwiederbringlichkeit dieses Augenblicks. Paris zu meinen Füßen, im Licht der Abenddämmerung, die Musik und die Menschen auf den Treppen der Sacre Cour.
Als ich aufstand, bahnte ich mir einen Weg durch die Menschen. Ich drehte mich noch einmal um und sah lächelnd zurück. Mit meinen Augen sagten ich dem Trompeter: „Mir gefiel dein Lied.“ Er erwiderte das Lächeln und mit seiner Augen antwortete er: „Ich hatte es für dich gespielt!“

© Carmen Mroch 2005