Oma und die sieben Zwerge

Zu Omas Fünfzigsten wollten Fini und Chris sich etwas besonderes ausdenken. Es waren ziemlich viele Gäste eingeladen. Verwandte und Freundin von Oma. Ein Theaterstück! Ein Theaterstück war eine gute Idee. Oma mochte so was und die andern Gäste haben auch was davon. Schneewittchen sollte es sein. Okay, aber wie verteilt man die Rollen? Fini wäre schon gerne Schneewittchen gewesen. Musste aber doch das Argument von Chris gelten lassen, dass sie im Gegensatz zu Chris, die lange und dicke, wenn auch blonde, Haare hatte, mit ihren kurze Haare Schneewittchen ja nicht spielen konnte. Aber da waren noch die Rollen von Schneewittchens richtigen Mutter, der Stiefmutter – sogar in vierfacher Ausführungen -, der Jäger, der Prinz und die sieben Zwerge zu besetzen! Schneewittchen spielte im ganzen Stück mit, mit Ausnahme am Anfang, wo sich die Mutter in den Finger sticht und sich das Kind wünscht... Für Fini blieben es demzufolge alle restlichen Rollen zu besetzen. Es mussten mehrere Pausen gemacht werden, damit Fini sich schnell umziehen konnte. Die Stiefmutter sollte mal schön und dann wieder hässlich sein und das auf drei verschiedene Arten. Denn die Stiefmutter sah ja immer anders aus. Mit dem Jäger war es einfacher, der braucht nur einen Hut und eine grüne Jacke. Der Prinz schmiss sich einen Umhang um und setze sich schnell eine Krone auf. Einen Spiegel, kein Problem. Einen Apfel, der eine rote und eine grüne Seite hat, auch kein Thema. Das da Gift drauf ist, kann man mit aufgetupfter Schlagsahne sichtbar machen. Eigentlich blöd! Nicht nur, dass Chris in die rote Seite des Apfels beißen durfte, nein, sie bekam auch noch die Schlagsahne!
Das mit den Zwergen erwies sich als Problem. Sieben Puppen und Teddys übernahmen diese Rolle. Wenn einer etwas zu sagen hatte, wurde die Puppe oder der Teddy einfach rausgenommen und Fini sprang ein.
In der Szene „Wer hat von meinem Tellerchen gegessen?“ „Wer hat von meinem Gäbelchen gestochen?“ „Wer hat von meinem Becherchen getrunken?“ und so weiter, wurde von Fini so
gelöst, dass sie immer ein Teddy oder eine Puppe die gerade sprechen musste hoch nahm, auf diesen Platz rutschte und den Teddy oder die Puppe auf den Platz wo sie zuvor gesessen hat setze. Nur als der letzte Zwerg sagen musste: “Und wer schläft in meinem Bettchen?“, setzte Fini Kuno, Finis Teddy – der Zwerg 7 war, wenn Fini es gerade nicht war – versehentlich auf die Bank. So waren es kurzeitig mal acht Zwerge. Ist außer Fini, aber wohl keinem aufgefallen.... Anstrengend war die Sache mit dem Glassarg. Also, einen Glassarg hatten Chris und Fini natürlich nicht. Chris lag einfach auf dem Boden, die Puppen und Teddys wurden rundherum gesetzt. Da aber der Prinz auch dazu kam, musste Kuno mal hingesetzt und mal weggenommen werden. Fini war ja sowohl Zwerg als auch Prinz. Und Schneewittchen musste schließlich schlafen, so dass Fini das hin und wegsetzen von Kuno auch übernahm. Als die Zwerge den Sarg tragen mussten, sagte der Prinz zum Publikum: „Die Zwerge tragen jetzt den Sarg zum Schloss.“ und schuppste Kuno mit dem Fuß um und kommentierte: „Oh, ein Zwerg ist gestolpert! Nun ist der Sarg zerbrochen!“ Ab dieser Stelle wurde es für Fini dann einfacher, da Schneewittchen jetzt ja wach war!
Die Aufführung war vor dem Kaffee. Während des Kaffees hörten die Kommentare und das Lachen der Gäste gar nicht mehr auf. Fini wurde so sehr gelobt, das Chris später sagte: „Das verstehe ich nicht? Ich war doch Schneewittchen!“ Das verstand Fini allerdings auch nicht....

© Carmen Mroch 2005